SCHULPROGRAMM

(Stand: 23.06.2002)

1.2.8. Gesellschaftswissenschaften / Berufsorientierung

1.2.8.1. Gesellschaftswissenschaften

Demokratie und Europa braucht mündige, informierte und handlungsfähige Bürgerinnen und Bürger. Diese haben das Recht auf Selbstbestimmung in gesellschaftlicher Verantwortung auf der Grundlage der Rechte und Pflichten in unserem Staatswesen. Die Schule hat den Auftrag, dabei mitzuwirken, dass die Schüler befähigt werden, durch individuelles Handeln eine gerechte, freie und friedliche Gesellschaft mitzugestalten.

  • Dies setzt eine fundierte historische Kenntnis der eigenen und der internationalen Geschichte und geographischen Räume voraus.
  • Zur politischen Bildung gehört die kritische Auseinandersetzung mit demokratischen Grundwerten der Gesellschaft, wie z.B. die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Gleichheit und das Lebensrecht aller Menschen, die Verantwortung für die Sicherung der natürlichen Lebensbedingungen, die Wahrung eigener ökonomischer Interessen und das Recht auf eine freie Entfaltung der Persönlichkeit.
  • Es erfordert die Information über humanistische Traditionen, religiöse Toleranz und ethische Grundsätze in einer multikulturellen Gesellschaft. Ziel dessen ist die reflektierte Übernahme eigener Wertmaßstäbe und deren ständige Überprüfung im praktischen Handeln.

1.2.8.2. Berufsorientierung

Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen in den letzten Jahren haben die Berufswahl auch für Schüler des Gymnasiums erheblich erschwert. Ein vielfältiges System von Barrieren wurde der beruflichen und universitären Ausbildung vorgeschaltet. Der Hochschulzugang wurde durch Schranken wie den Numerus Clausus geregelt, der Einstieg in berufliche Bildungsgänge des dualen Systems und der Berufseinstieg nach dem Hochschulstudium durch schriftliche Aufnahmeprüfungen (vom Eignungstest bis hin zum "Assessmentcenter" ) und mündliche Auswahlgespräche. Besonders aber führten die zunehmende Komplexität der Arbeitswelt und die sich ändernden Anforderungen vieler Wirtschaftszweige dazu, dass die Analysefähigkeiten der Schüler auf dem Sektor der Berufsfindung verbessert werden müssen. Ohne allgemeine, qualifizierte und systematische Einführung in die dynamische Struktur der Berufs- und Wirtschaftswelt (neue Berufe entstanden v.a. im Bereich der Informationstechnologie) bleiben viele Schüler orientierungslos. Die relativ hohe Anzahl an Berufs- bzw. Studienfachwechslern und die ebenfalls erschreckenden Abbruchquoten bei Auszubildenden und Studenten zeigen dies überdeutlich. Die Konsequenz all dieser Entwicklungen ist, dass die Berufs- und Wirtschaftsorientierung auch zum Unterrichtsinhalt des Gymnasiums wurde. Dem diente zuletzt die Verankerung eines thematischen Kernbereichs „Arbeit und Beruf“ im Curriculum der Gemeinschaftskunde in 12 I.

Ziel der Berufs- und Arbeitsweltorientierung ist es nicht nur, den Schülern theoretisch-abstrakte Informationen bzw. Wissen über die Arbeitswelt sowie mögliche Ausbildungsberufe und Studiengänge zu vermitteln. Vielmehr sollen die Schüler auch dazu befähigt werden, sich selbständig Informationen zu beschaffen, diese letztendlich eigenverantwortlich auszuwerten, zu reflektieren und für ihre spätere Berufs- bzw. Studienplatzwahl nutzbar zu machen; allgemein formuliert: die für die Berufs- und Studienplatzwahl nötige Methoden- und Handlungskompetenz zu erwerben.

Um die Zielsetzungen der Berufs- und Arbeitsweltorientierung zu verwirklichen, müssen die Schüler altersgemäß zur Berufswahlkompetenz hingeführt werden. In der Sekundarstufe I sollte aus diesem Grunde zunächst durch auf eigener Erfahrung basierende Einblicke in der Arbeitswelt (Betriebspraktikum) das entsprechende Problembewusstsein und ein gezieltes Informationsverhalten erzeugt werden ( d.h. z.B. den wirtschaftlichen Zweck und die funktionale Gliederung eines Betriebes sowie den Ablauf des betrieblichen Leistungsprozesses erkennen). Daher stehen in der ersten Phase der Berufsorientierung in Klasse 9 des Gymnasiums auch eher die Arbeitsweltorientierung und Gesichtspunkte einer allgemeinen Lebensplanung im Vordergrund. Das Betriebspraktikum stellt die zentrale Gelenkstelle dar, an der zur allgemeinen Arbeitsweltorientierung auch Aspekte einer Berufsorientierung treten.

Erst in den weiteren Phasen, also in der Oberstufe, wird der Schwerpunkt auf einer Berufsorientierung im engen Sinne liegen, d.h., die Schüler sollten befähigt werden, das in der Sekundarstufe I angelegte Informationsverhalten auszubauen und eigene Entscheidungskriterien und -strategien zu entwickeln. Die Schule fördert die Berufswahlkompetenz durch entsprechende Veranstaltungen.

1.2.8.2.1. Berufsorientierung an der Ziehenschule

Berufsorientierung in der Sekundarstufe I

Im Einzelnen sehen die bereits verbindlich durchzuführenden berufsorientierenden Maßnahmen wie folgt aus :

Die Berufsorientierung an der Ziehenschule beginnt in der Klasse 8 mit der Wahl eines Praktikumsplatzes. Die Schüler erhalten im Januar den Termin des Praktikums im folgenden Schuljahr und haben ein Dreivierteljahr Zeit, um an einen Praktikumsplatz zu gelangen.

Deutsch: Erstellung von Bewerbungsunterlagen/Lebenslauf

Zeitpunkt : 2.Halbjahr Klasse 8

Ziel: Gezieltere Vorbereitung der Wahl des Praktikumsplatzes (z.B. Erstellung einer Liste von Betrieben, die interessante Praktikumsplätze anbieten und die Praktikanten gut betreuen).

Klasse 9 Sozialkunde: Vorbereitung, Durchführung und Auswertung des Betriebspraktikums

Inhaltlich sind neben volkswirtschaftlichen Grundkenntnissen vor allem die Fähigkeiten der Informationssammlung während des Praktikums, deren Präsentation und Reflexion zu schulen

Ziele: - Erarbeitung eines gemeinsamen curricularen Rahmens in Sozialkunde, Koordinierung der Erkundungsaufgaben zur besseren Vorbereitung und Auswertung des Praktikums

- Erster BIZ-Besuch für alle Schüler im Zusammenhang mit dem Praktikum

Klasse 10: Der Beginn der Klasse 10 sollte - anknüpfend an die Erfahrungen des Betriebspraktikums - genutzt werden, um über persönliche und individuelle Ziele nachzudenken und dabei persönliche Stärken, individuelle Begabungen, Wünsche und Möglichkeiten zu erkennen. Dem könnte ein Projekt“ Persönlichkeitstest“ dienen. Entsprechende Tests könnten in Zusammenarbeit von Klassenleitung und Sozialkunde-Lehrer durchgeführt und ausgewertet werden.

Darüber hinaus sollte das 1.Halbjahr der Klasse 10 genutzt werden, um die Schüler über Alternativen zur gymnasialen Schullaufbahn nach Klasse 10 zu informieren , z.B. über Berufsfachschulen, Fachoberschulen, Berufliche Gymnasien, aber auch: berufliche Ausbildung nach dem dualen System. Die Möglichkeit der Hospitation in anderen Schulen sollten genutzt werden. Eine gemeinsame Veranstaltung aller Klassen 10 zum Thema ist zu prüfen. Darüber hinaus ist zu überlegen, ob die Klasse 10 in die Durchführung von Informationstagen zur Berufsorientierung der Oberstufe einbezogen werden kann.

1.2.8.2.2. Berufsorientierung in der Sekundarstufe II

Berufsorientierung in der Oberstufe beruht auf mehreren Bausteinen. Einige sind bereits Bestandteil der schulischen Konzeption zur Verbesserung der Berufswahlkompetenz der Schüler, andere müssten hinzugefügt werden.

a) Bereits vorhandene Elemente einer Berufswahlorientierung in der Oberstufe:

  • Klasse 11: Besuch des Berufsinformationszentrums (BIZ) als Bestandteil einer Information durch die Berufsberatung des Arbeitsamtes.
  • Klasse 11: Berufspraktikum der bilingualen Schüler in Bordeaux
  • Klasse 12: Durchführung einer Unterrichtseinheit im Fach Gemeinschaftskunde zum Thema „Arbeit und Beruf im Wandel“
  • Klasse 12: Informationsveranstaltung zur Berufswahl durch die Rotarier in der Industrie- und Handelskammer (etwa November)
  • Klasse 12: Durchführung von „Schnuppertagen“ an der Uni Frankfurt, organisiert durch die Studienberatung der Universität. Ziel: Kennen lernen des alltäglichen Uni-Betriebs.
  • Klasse 12: „Hochschultage“ an der Universität (Vorträge zu bestimmten Berufen)
  • Klasse 12: Angebot der Durchführung eines Berufseignungstestes durch das geva-Institut, München (Kosten: 35.-DM)

Weitere Zielsetzungen:

1. Erarbeitung und bessere Koordinierung von Unterrichtseinheiten zum Thema „Beruf und Arbeitswelt“ in Gemeinschaftskunde

2. Optimierung der „Schnuppertage“ an der Universität Frankfurt

b) Neu einzuführende Bausteine einer Berufswahlorientierung

  • Im Zentrum zukünftiger Bemühungen sollte die Einrichtung einer schulinternen „Berufsmesse“ stehen. Hier sollten unter Berücksichtigung der Schülerinteressen in Zusammenarbeit mit Eltern, ehemaligen Schülern, dem Arbeitsamt und Vertretern von Betrieben und Verbänden unterschiedliche Berufe vorgestellt werden, wobei die Zielsetzung das Kennen lernen von Studien- und Ausbildungsberufen ist. Angesichts der Veränderung der Arbeitswelt ist dabei unbedingt auf eine angemessene Berücksichtigung der Informations- und Kommunikationstechnologien zu achten. Ein Ausschuss aus Lehrern, Eltern und Schülern müsste eine Organisationsstruktur erarbeiten (Anschreiben, Überlegungen zur Präsentation usw.).
  • In der Schülerbibliothek soll eine Abteilung eingerichtet werden, die alle Materialien zur Berufswahl zusammenfasst. Insbesondere ist dabei auch auf die Nutzung neuer Medien zu achten (CD-ROM, Internet). Die in der Schülerarbeitsbibliothek vorhandenen Computer sind entsprechend mit Software auszustatten.
  • Im Zusammenhang mit dem vorhergehenden Punkt ist eine Informationswand einzurichten, die den Schülern Angebote von Betrieben, Schulen und Hochschulen zur weiteren Ausbildung zur Kenntnis bringt.
  • Es sollte überlegt werden, inwieweit ein Berufspraktikum in der Oberstufe eine entscheidende Hilfe bei der Berufsorientierung sein kann. Dazu sind die Erfahrungen der Gymnasien auszuwerten, die ein solches Praktikum bereits durchführen.
  • Betriebserkundungen könnten das Angebot der Schule zur Berufswahlorientierung ergänzen. Denkbar ist beispielsweise, dass die einzelnen Leistungskurse Betriebe aufsuchen, die sich an ihrem Fach orientieren.

Die Vielzahl der aufgezeigten Aktivitäten macht deutlich, dass an der Schule eine „Funktionsstelle Berufsorientierung“ eingerichtet werden muss. Sie ist notwendig als Anlaufstelle zur Koordinierung der verschiedenen Maßnahmen sowie als Motor des Ausbaus der vorhandenen Bemühungen.