1.2.8. Gesellschaftswissenschaften / Berufsorientierung
1.2.8.1. Gesellschaftswissenschaften
Demokratie und Europa braucht mündige, informierte und handlungsfähige
Bürgerinnen und Bürger. Diese haben das Recht auf Selbstbestimmung
in gesellschaftlicher Verantwortung auf der Grundlage der Rechte und Pflichten
in unserem Staatswesen. Die Schule hat den Auftrag, dabei mitzuwirken,
dass die Schüler befähigt werden, durch individuelles Handeln
eine gerechte, freie und friedliche Gesellschaft mitzugestalten.
- Dies setzt eine fundierte historische Kenntnis der eigenen und der
internationalen Geschichte und geographischen Räume voraus.
- Zur politischen Bildung gehört die kritische Auseinandersetzung
mit demokratischen Grundwerten der Gesellschaft, wie z.B. die Gleichberechtigung
von Mann und Frau, die Gleichheit und das Lebensrecht aller Menschen,
die Verantwortung für die Sicherung der natürlichen Lebensbedingungen,
die Wahrung eigener ökonomischer Interessen und das Recht auf eine
freie Entfaltung der Persönlichkeit.
- Es erfordert die Information über humanistische Traditionen,
religiöse Toleranz und ethische Grundsätze in einer multikulturellen
Gesellschaft. Ziel dessen ist die reflektierte Übernahme eigener
Wertmaßstäbe und deren ständige Überprüfung
im praktischen Handeln.
1.2.8.2. Berufsorientierung
Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen
in den letzten Jahren haben die Berufswahl auch für Schüler
des Gymnasiums erheblich erschwert. Ein vielfältiges System von
Barrieren wurde der beruflichen und universitären Ausbildung vorgeschaltet.
Der Hochschulzugang wurde durch Schranken wie den Numerus Clausus geregelt,
der Einstieg in berufliche Bildungsgänge des dualen Systems und
der Berufseinstieg nach dem Hochschulstudium durch schriftliche Aufnahmeprüfungen
(vom Eignungstest bis hin zum "Assessmentcenter" ) und mündliche
Auswahlgespräche. Besonders aber führten die zunehmende Komplexität
der Arbeitswelt und die sich ändernden Anforderungen vieler Wirtschaftszweige
dazu, dass die Analysefähigkeiten der Schüler auf dem Sektor
der Berufsfindung verbessert werden müssen. Ohne allgemeine, qualifizierte
und systematische Einführung in die dynamische Struktur der Berufs-
und Wirtschaftswelt (neue Berufe entstanden v.a. im Bereich der Informationstechnologie)
bleiben viele Schüler orientierungslos. Die relativ hohe Anzahl
an Berufs- bzw. Studienfachwechslern und die ebenfalls erschreckenden
Abbruchquoten bei Auszubildenden und Studenten zeigen dies überdeutlich.
Die Konsequenz all dieser Entwicklungen ist, dass die Berufs- und Wirtschaftsorientierung
auch zum Unterrichtsinhalt des Gymnasiums wurde. Dem diente zuletzt
die Verankerung eines thematischen Kernbereichs „Arbeit und Beruf“
im Curriculum der Gemeinschaftskunde in 12 I.
Ziel der Berufs- und Arbeitsweltorientierung ist es nicht nur, den
Schülern theoretisch-abstrakte Informationen bzw. Wissen über
die Arbeitswelt sowie mögliche Ausbildungsberufe und Studiengänge
zu vermitteln. Vielmehr sollen die Schüler auch dazu befähigt
werden, sich selbständig Informationen zu beschaffen, diese letztendlich
eigenverantwortlich auszuwerten, zu reflektieren und für ihre spätere
Berufs- bzw. Studienplatzwahl nutzbar zu machen; allgemein formuliert:
die für die Berufs- und Studienplatzwahl nötige Methoden-
und Handlungskompetenz zu erwerben.
Um die Zielsetzungen der Berufs- und Arbeitsweltorientierung zu verwirklichen,
müssen die Schüler altersgemäß zur Berufswahlkompetenz
hingeführt werden. In der Sekundarstufe I sollte aus diesem Grunde
zunächst durch auf eigener Erfahrung basierende Einblicke in der
Arbeitswelt (Betriebspraktikum) das entsprechende Problembewusstsein
und ein gezieltes Informationsverhalten erzeugt werden ( d.h. z.B. den
wirtschaftlichen Zweck und die funktionale Gliederung eines Betriebes
sowie den Ablauf des betrieblichen Leistungsprozesses erkennen). Daher
stehen in der ersten Phase der Berufsorientierung in Klasse 9 des Gymnasiums
auch eher die Arbeitsweltorientierung und Gesichtspunkte einer allgemeinen
Lebensplanung im Vordergrund. Das Betriebspraktikum stellt die zentrale
Gelenkstelle dar, an der zur allgemeinen Arbeitsweltorientierung auch
Aspekte einer Berufsorientierung treten.
Erst in den weiteren Phasen, also in der Oberstufe, wird der Schwerpunkt
auf einer Berufsorientierung im engen Sinne liegen, d.h., die Schüler
sollten befähigt werden, das in der Sekundarstufe I angelegte Informationsverhalten
auszubauen und eigene Entscheidungskriterien und -strategien zu entwickeln.
Die Schule fördert die Berufswahlkompetenz durch entsprechende
Veranstaltungen.
1.2.8.2.1. Berufsorientierung an der Ziehenschule
Berufsorientierung in der Sekundarstufe I
Im Einzelnen sehen die bereits verbindlich durchzuführenden berufsorientierenden
Maßnahmen wie folgt aus :
Die Berufsorientierung an der Ziehenschule beginnt in der Klasse 8
mit der Wahl eines Praktikumsplatzes. Die Schüler erhalten im Januar
den Termin des Praktikums im folgenden Schuljahr und haben ein Dreivierteljahr
Zeit, um an einen Praktikumsplatz zu gelangen.
Deutsch: Erstellung von Bewerbungsunterlagen/Lebenslauf
Zeitpunkt : 2.Halbjahr Klasse 8
Ziel: Gezieltere Vorbereitung der Wahl des Praktikumsplatzes (z.B.
Erstellung einer Liste von Betrieben, die interessante Praktikumsplätze
anbieten und die Praktikanten gut betreuen).
Klasse 9 Sozialkunde: Vorbereitung, Durchführung und Auswertung
des Betriebspraktikums
Inhaltlich sind neben volkswirtschaftlichen Grundkenntnissen vor allem
die Fähigkeiten der Informationssammlung während des Praktikums,
deren Präsentation und Reflexion zu schulen
Ziele: - Erarbeitung eines gemeinsamen curricularen Rahmens in Sozialkunde,
Koordinierung der Erkundungsaufgaben zur besseren Vorbereitung und Auswertung
des Praktikums
- Erster BIZ-Besuch für alle Schüler im Zusammenhang mit
dem Praktikum
Klasse 10: Der Beginn der Klasse 10 sollte - anknüpfend an die
Erfahrungen des Betriebspraktikums - genutzt werden, um über persönliche
und individuelle Ziele nachzudenken und dabei persönliche Stärken,
individuelle Begabungen, Wünsche und Möglichkeiten zu erkennen.
Dem könnte ein Projekt“ Persönlichkeitstest“ dienen.
Entsprechende Tests könnten in Zusammenarbeit von Klassenleitung
und Sozialkunde-Lehrer durchgeführt und ausgewertet werden.
Darüber hinaus sollte das 1.Halbjahr der Klasse 10 genutzt werden,
um die Schüler über Alternativen zur gymnasialen Schullaufbahn
nach Klasse 10 zu informieren , z.B. über Berufsfachschulen, Fachoberschulen,
Berufliche Gymnasien, aber auch: berufliche Ausbildung nach dem dualen
System. Die Möglichkeit der Hospitation in anderen Schulen sollten
genutzt werden. Eine gemeinsame Veranstaltung aller Klassen 10 zum Thema
ist zu prüfen. Darüber hinaus ist zu überlegen, ob die
Klasse 10 in die Durchführung von Informationstagen zur Berufsorientierung
der Oberstufe einbezogen werden kann.
1.2.8.2.2. Berufsorientierung in der Sekundarstufe
II
Berufsorientierung in der Oberstufe beruht auf mehreren Bausteinen.
Einige sind bereits Bestandteil der schulischen Konzeption zur Verbesserung
der Berufswahlkompetenz der Schüler, andere müssten hinzugefügt
werden.
a) Bereits vorhandene Elemente einer Berufswahlorientierung in der
Oberstufe:
- Klasse 11: Besuch des Berufsinformationszentrums (BIZ) als Bestandteil
einer Information durch die Berufsberatung des Arbeitsamtes.
- Klasse 11: Berufspraktikum der bilingualen Schüler in Bordeaux
- Klasse 12: Durchführung einer Unterrichtseinheit im Fach Gemeinschaftskunde
zum Thema „Arbeit und Beruf im Wandel“
- Klasse 12: Informationsveranstaltung zur Berufswahl durch die Rotarier
in der Industrie- und Handelskammer (etwa November)
- Klasse 12: Durchführung von „Schnuppertagen“ an
der Uni Frankfurt, organisiert durch die Studienberatung der Universität.
Ziel: Kennen lernen des alltäglichen Uni-Betriebs.
- Klasse 12: „Hochschultage“ an der Universität
(Vorträge zu bestimmten Berufen)
- Klasse 12: Angebot der Durchführung eines Berufseignungstestes
durch das geva-Institut, München (Kosten: 35.-DM)
Weitere Zielsetzungen:
1. Erarbeitung und bessere Koordinierung von Unterrichtseinheiten
zum Thema „Beruf und Arbeitswelt“ in Gemeinschaftskunde
2. Optimierung der „Schnuppertage“ an der Universität
Frankfurt
b) Neu einzuführende Bausteine einer Berufswahlorientierung
- Im Zentrum zukünftiger Bemühungen sollte die Einrichtung
einer schulinternen „Berufsmesse“ stehen. Hier sollten
unter Berücksichtigung der Schülerinteressen in Zusammenarbeit
mit Eltern, ehemaligen Schülern, dem Arbeitsamt und Vertretern
von Betrieben und Verbänden unterschiedliche Berufe vorgestellt
werden, wobei die Zielsetzung das Kennen lernen von Studien- und Ausbildungsberufen
ist. Angesichts der Veränderung der Arbeitswelt ist dabei unbedingt
auf eine angemessene Berücksichtigung der Informations- und Kommunikationstechnologien
zu achten. Ein Ausschuss aus Lehrern, Eltern und Schülern müsste
eine Organisationsstruktur erarbeiten (Anschreiben, Überlegungen
zur Präsentation usw.).
- In der Schülerbibliothek soll eine Abteilung eingerichtet
werden, die alle Materialien zur Berufswahl zusammenfasst. Insbesondere
ist dabei auch auf die Nutzung neuer Medien zu achten (CD-ROM, Internet).
Die in der Schülerarbeitsbibliothek vorhandenen Computer sind
entsprechend mit Software auszustatten.
- Im Zusammenhang mit dem vorhergehenden Punkt ist eine Informationswand
einzurichten, die den Schülern Angebote von Betrieben, Schulen
und Hochschulen zur weiteren Ausbildung zur Kenntnis bringt.
- Es sollte überlegt werden, inwieweit ein Berufspraktikum in
der Oberstufe eine entscheidende Hilfe bei der Berufsorientierung
sein kann. Dazu sind die Erfahrungen der Gymnasien auszuwerten, die
ein solches Praktikum bereits durchführen.
- Betriebserkundungen könnten das Angebot der Schule zur Berufswahlorientierung
ergänzen. Denkbar ist beispielsweise, dass die einzelnen Leistungskurse
Betriebe aufsuchen, die sich an ihrem Fach orientieren.
Die Vielzahl der aufgezeigten Aktivitäten macht deutlich, dass
an der Schule eine „Funktionsstelle Berufsorientierung“
eingerichtet werden muss. Sie ist notwendig als Anlaufstelle zur Koordinierung
der verschiedenen Maßnahmen sowie als Motor des Ausbaus der vorhandenen
Bemühungen.
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