SCHULPROGRAMM

(Stand: 23.06.2002)

3. Evaluation und Qualitätsentwicklung

3.1. Was ist Evaluation?

Evaluieren heißt vom ursprünglichen Wortsinn her den Wert z.B. eines Grundstückes schätzen. Auf den Bildungsbereich, auch auf das Schulwesen bezogen, wird unter Evaluation ein Prozess des systematischen Sammelns und Analysierens von Daten und Informationen verstanden, um die Qualität von Schule zu sichern und weiterzuentwickeln. Bisher wurde im Bildungsbereich über die Einführung qualitätssichernder Maßnahmen eher skeptisch oder negativ geurteilt, weil sie darauf abzielten, Probleme aufzuspüren als dazu beitrugen, positive Entwicklungen anzustoßen. Evaluation soll aber vor allem die Stärken und positiven Entwicklungen der jeweiligen Schule herausstellen, bzw. die Bedingungen für das Gelingen von Vorhaben verständlich machen. Evaluation in der Schule findet schon immer und kontinuierlich statt: Im kollegialen Gespräch, in den Fachkonferenzen, auf Elternabenden, in den Schulgremien, bei der Beratung von Referendaren, um hier nur wenige Beispiele zu nennen. Wenn nun Evaluation im Rahmen des Schulprogramms als dauerhafter Bestandteil schulischer Arbeit festgeschrieben wird, ist damit auch eine neue, wichtige Zielvorgabe gemacht: Schule soll ihr Handeln begründen können, ihre Entscheidungen auf eine gemeinsame Grundlage stellen und ihre Erfolge und Misserfolge systematisch reflektieren. Evaluation heißt auch Rückmeldung, ohne Echo ist keine pädagogische Arbeit möglich. Evaluation kann dann im Sinne von Rückmeldung funktionieren, wenn sie hilft, Entscheidungen verständlich und überprüfbar zu machen und eine Verständigung über die Maßstäbe herbeizuführen, die Entscheidungen und Bewertungen zu Grunde liegen. Evaluation, zumal interne, kann nur dann erfolgreich betrieben werden, wenn ihr Nutzen für alle Beteiligten deutlich wird. Wenn Evaluation die Kooperation und Offenheit in der Schule fördern soll, müssen abweichende Standpunkte und Minderheitenmeinungen unbedingt einbezogen werden, d.h. ein glaubwürdiges Gesamtbild der Schule darf nicht künstlich geglättet werden.

Es gibt keinen Königsweg der Evaluation, jede Schule muss im Rahmen ihrer spezifischen Entwicklung und ihrer besonderen Bedingungen einen eigenen Weg finden. Die Ziehenschule hat auch als Europaschule interne und externe Evaluationsaufgaben wahrzunehmen.

Der Begriff Evaluation bedeutet im staatlichen Schulsystem eine neue Form der Autonomie im organisatorischen Bereich. Es ist angestrebt, dass wir als Ziehenschule unsere vielfältigen Angebote peu à peu auf ihre Effizienz und Tauglichkeit hin überprüfen, um feststellen zu können, wo Ressourcen oder Kräfte verschleudert werden, die an anderer Stelle gezielter gebündelt, effizienter eingesetzt werden könnten. Dies ist nur dann möglich, wenn die Schulprogrammarbeit als Prozess verstanden wird, den das Kollegium, die Elternschaft und die Schülerinnen und Schüler konstruktiv und kritisch begleiten. Transparenz, Kooperation und Koordination der verschiedenen Aktivitäten an der Ziehenschule liegen im Interesse der ganzen Schulgemeinde. Zur Prozesshaftigkeit von Evaluation gehört, dass sie sich bestimmte, nicht zu umfangreiche Aufgaben vornimmt, die sich als Aktionsprogrammpunkte verstehen und im angestrebten Zeitraum auch tatsächlich zu leisten sind.

3.2. Interne und Externe Evaluation

In der folgenden Aufstellung werden Bereiche genannt, in denen die Ziehenschule bereits evaluiert bzw. zukünftige Evaluationsaufgaben sieht.

Beispiele für Interne Evaluation Beispiele für Externe Evaluation
Lernzielkontrollen

Vergleichsarbeiten in 6, 8 und 10

Kollegengespräche

Umfragen bei Schülern u. Eltern

Runde-Tisch-Gespräche

Lehrer-Schüler-Eltern

Pädagogische Tage

Schulprogrammarbeit

Fortbildungen / ZILF

Sprachenportfolio

Schulpartnerschaften

Kontakte mit Universitätseinrichtungen und Betrieben

Abitur/Bac

Referendarausbildung

Europa-Lehrer

BLK-Projekt: Neue Medien

Europaschul-Programm

wissenschaftlich begleitete Studien z.B. TIMMS, PISA, Regulese

Schülerwettbewerbe

Bei einer Umfrage im Kollegium der Ziehenschule hat sich eine große Mehrheit für eine Evaluation der folgenden schulischen Angebote ausgesprochen:

Fachbereich I: Bilingualer Sachfachunterricht in einer Klasse der Sek I

- Kompensationskurs Deutsch

Fachbereich II: Betriebspraktikum
Fachbereich III ein Projekt aus der BLK-Modellregion
Hinzu kommen noch Methodentraining „Lernen lernen“ Klasse 5

- Lernbedingungen und Arbeitsatmosphäre in den Klassen

Ausgehend von diesen Überlegungen und Übereinkünften legen wir Aktionspläne für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren fest (vgl. 4.).

3.3. Die Arbeit der Steuergruppe

3.3.1. Rückblick

Schulprogrammarbeit wurde und wird im Kollegium weitgehend als theoretische Arbeit fürs Regal, für die Behörde, für die Außenwirkung gesehen. Die Verordnung von Schulprogrammarbeit durch das Kultusministerium übermittelte dem Kollegium unausgesprochen die Botschaft von Mehrarbeit, die im Kontext von Arbeitszeitverlängerungen, Erhöhung der Klassenfrequenzen, mangelnder materieller Ausstattung der Schulen und stetig wachsender pädagogischer und bürokratischer Aufgaben nicht als Hilfe verstanden wurde, sondern Ablehnung hervorrief: “Was bringt mir ein Schulprogramm, wenn sich die faktischen Unterrichtsbedingungen seit Jahren immer nur verschlechtern?“

Auch die Steuergruppe vermochte bisher nur punktuell den Sinn und Nutzen von Schulprogrammarbeit ins Kollegium hinein zu tragen. Sie selbst war über die vier Jahre ihrer Existenz hinweg andauernden personellen Veränderungen ausgesetzt, war von ihrer Arbeits- und Kommunikationsweise her stark hierarchisch geprägt, hatte und entwickelte auch keine dauerhafte und ausreichende Anbindung ans Kollegium, was wiederum ihre Arbeit selbst wenig transparent erscheinen ließ.

So könnte man rückblickend die Arbeit am Schulprogramm unserer Schule mit einer Wanderung im Nebel vergleichen, bei der man sehr unsicher voran schreitet, im Kreis läuft, sogar rückwärts geht, sich verirrt, fällt, sich gegenseitig behindert, sich aber auch stützt und dann doch, vielleicht ganz unerwartet, ein Stück weiter kommt...

Hier soll auf einige Etappen dieser Wanderung zurück geblickt werden: Die Auswertung der Fragebogen-Aktion 1998 von Lehrerschaft und Eltern brachte eine erste Bestandaufnahme, gefolgt von Diskussionen in allen Gruppen um die Frage: Wie sehen und beurteilen wir uns selbst als Schulgemeinde? Die Zusammenarbeit mit den ElternvertreterInnen war in dieser Zeit sehr intensiv, sie waren zum Beispiel mit ihrem ersten Entwurf für ein Schulprogramm, das Ideen für eine Cafeteria und eine Hausaufgaben-Betreuung enthielt (die mittlerweile realisiert sind!), die „Zugpferde“ der Steuergruppe.

Aktiv beteiligt waren ElternvertreterInnen auch an dem ersten Pädagogischen Tag zum Schulprogramm 1999, der mit der Vielfalt seiner Themen, der breiten und engagierten Beteiligung der KollegInnen ein Höhepunkt der Schulprogrammarbeit war. Die Themen entsprangen offensichtlich den Bedürfnissen der TeilnehmerInnen, was sich auch vor allem daran zeigte, dass über diesen Tag hinaus an etlichen Fragestellungen weiter gearbeitet wurde: Lernen lernen, neue Unterrichtsmethoden, Übergänge, Förderunterricht, Teamarbeit. Manches davon hat inzwischen konkrete Gestalt angenommen bzw. ist sogar schon fester Bestandteil des Schulprogramms der Ziehenschule geworden, wie zum Beispiel Lernen lernen in Klasse 5, Übergang 4/5, Förderunterricht.

Eine Verbindung zwischen diesen Themen, die direkt am schulischen, am unterrichtlichen Schulalltag ansetzten, und der Arbeit am Schulprogramm wurde nicht dauerhaft aufgebaut. Die Anforderungen der Behörde an ein Schulprogramm wurden weiterhin als „abgehoben“, als „theoretisch“ empfunden und wirkten, in Kombination mit dem zeitlichen Druck, bremsend auf die Schulprogrammarbeit.

Erst der Status „Europaschule“ gab der Ziehenschule und ihrer Programmarbeit neuen Schwung: Der Schule wurde deutlich, dass sie viele der für die Aufnahme in den Kreis der Europaschulen entscheidenden Kriterien schon erfüllte. Das stärkte einerseits das Selbstbewusstsein („Das können, das machen wir schon“) und brachte andererseits auch endlich einmal nicht nur neue Anforderungen, sondern auch Unterstützung in Form von zusätzlichem Geld ins Haus. Ab Sommer 2000 verbanden sich Schulprogrammarbeit und Europaplanungsarbeit sehr eng miteinander. Der Pädagogische Tag im November 2000 war ein Spiegel dieses Zusammenspiels: Hier wurden, ähnlich wie schon am Pädagogischen Tag 1999, nah am Arbeitsalltag und jetzt auch bezogen auf die neuen Chancen als Europaschule Planungen entwickelt. Die Methode, alle KollegInnen einzubeziehen und grundlegende Teile, wie die sogenannte „Präambel“ zum Beispiel, mehrfach, in verschiedenen Gruppen zu diskutieren und zu bearbeiten, war zwar mühsam, aber erfolgreich.

So hat sich an der Schulprogrammarbeit der Ziehenschule deutlich gezeigt, was die Kultusministerien, die Schulprogramme verordnet haben, nicht nur in Hessen spüren: Dass Erarbeitung und Fortschreibung von Schulprogrammen nur dann fruchtbar für die Entwicklung der Schulen werden, wenn die gestellten Anforderungen von konkreten Unterstützungsmaßnahmen begleitet werden (Geld, Stundenentlastungen, gezielte Fortbildungen, Verbesserung der Infrastruktur, Entlastung von außerunterrichtlichen Tätigkeiten oder gezielte Förderung in diesen Bereichen etc.) Als Anmerkung sei hier nur notiert: Schlussfolgerungen über Konsequenzen aus den Ergebnissen der PISA-Studie (2001) beinhalten ähnliche Gedanken.

Die vorläufig letzte Phase bis zur Fertigstellung des 1.Schulprogramms im Sommer 2002 verläuft pragmatisch: Es wird ergänzt, aktualisiert, inhaltlich und redaktionell überarbeitet. Die Schulgemeinde ist, soweit man hier verallgemeinern kann, der Auffassung, dass am Haus auch gebaut werden kann, wenn man drin wohnt.

3.3.2. Ausblick

Das Kollegium der Ziehenschule hat in den letzten vier Jahren, auch angestoßen durch die Schulprogrammarbeit, viele Veränderungen in Angriff genommen, vor allem auch im Hinblick auf Teamarbeit und Kooperation, die die Zusammenarbeit mit Eltern und SV einschließen.

Auch die Steuergruppe sollte ihre Arbeit künftig besonders unter diesen Aspekt stellen, denn nur eine Steuergruppe, die das Kollegium breit repräsentiert, kompetent in Kooperation und flach in der Hierarchie ist und nah an den alltäglichen Problemen der KollegInnen arbeitet, kann das Schulprogramm als ARBEITSPROGRAMM, als Prozess des gemeinsamen LERNENS im Kollegium, als permanente, schulinterne FORTBILDUNG weiter entwickeln.

Dieses Ziel konkret umzusetzen, will sich die Steuergruppe ab dem kommenden Schuljahr zur Aufgabe machen.